Ich bin doch nicht blurred - Deutschland entwertet seine Immobilien (Allgemeines)

Martin Vogel ⌂ @, Dortmund / Bochum, Fri, 19.11.2010, 08:52 (vor 4906 Tagen)

Wer hat sich denn gestern mit StreetView ein bisschen in Deutschland umgesehen? Gespenstisch, nicht? Begreifen die Fassadenvermummer eigentlich, was sie da getan haben? Wer möchte denn noch in ein Haus ziehen, in dem BILD-getreue Querulanten wohnen, wer ein Haus neben einem Pixelsumpf kaufen, über dessen Bewohner man nur vermuten kann, welche begründeten Motive sie hatten, sich vor Passanten zu verstecken?

18. November 2010 – der Tag des Fremdschämens …

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Dipl.-Ing. Martin Vogel
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Privatsphäre sucks!

Twiks, Fri, 19.11.2010, 11:20 (vor 4906 Tagen) @ Martin Vogel
bearbeitet von Twiks, Fri, 19.11.2010, 11:41

"...sich vor Passanten zu verstecken?"

Um ein Passant zu sein, setzt es meiner Meinung nach ein "passieren" des Gebäudes voraus. Und das ist doch jedem ohne weiteres möglich, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen und ggf. auch mal persönlich mit dem zukünftigen Nachbarn zu sprechen ;-)

Und was sollen eigentlich diese ganzen Privatsphären-Einstellungen auf den Community-Seiten, wie Facebook, Studi-VZ,...? Was haben die wohl alle zu verstecken?

Privatsphäre ist ein wichtiges Gut

Martin Vogel ⌂ @, Dortmund / Bochum, Thu, 22.09.2016, 18:52 (vor 2772 Tagen) @ Twiks

Um ein Passant zu sein, setzt es meiner Meinung nach ein "passieren" des
Gebäudes voraus.

Ob das körperlich oder virtuell geschieht, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Und was sollen eigentlich diese ganzen Privatsphären-Einstellungen
auf den Community-Seiten, wie Facebook, Studi-VZ,...? Was haben die wohl

Da geht es um Privatsphäre, nicht um das Verstecken öffentlicher Informationen vor der Öffentlichkeit. Eine Hausfassade ist definitiv öffentlich, nicht privat.

Privat sind meine Kontobewegungen – die werden aber dank SWIFT ins Ausland geliefert, damit die Terroristen nicht meine Kontoauszüge klauen können (oder so ähnlich).

Privat sind meine Krankheitszeiten. Die sollen aber dank ELENA demnächst bundesweit von allen möglichen Leuten abrufbar sein.

Privat sind meine Einkaufslisten. Das hindert aber Millionen Deutsche nicht, mit ihren Paybackkarten differenzierte Profile ihrer Einkaufsvorlieben zur Verfügung zu stellen.

Privat sind die Zeiten und Strecken meiner Autofahrten. Dennoch wird mein Kennzeichen an jeder Mautbrücke erfasst.

Privat ist die Hinteransicht meines Hauses. Trotzdem sind in Microsoft Bing Maps alle vier Ansichten als hochaufgelöstes Schrägluftbild abrufbar.

Privat sind meine E-Mails. Trotzdem sind 99,9% meiner Korrespondenzpartner nicht in der Lage, PGP- oder GnuPG-Verschlüsselung einzusetzen und verschicken die Mails lieber so, dass sie jeder mitlesen kann.

Wegen all dieser Dinge rührt sich in Deutschland kaum jemand. Aber sobald Google wie in anderen Ländern auch öffentlich einsehbare Fassadenfotos der vergangenen Jahre ins Internet stellt, laufen Ilse Aigner und die Springerpresse Amok und hetzen die Bevölkerung auf, sodass 244.000 Bürger plötzlich ganz fest glauben, jetzt müsse man aber wirklich mal was tun und für den Schutz der "Privatsphäre" aktiv werden.

Wie schmerzbefreit muss man eigentlich sein, um sich vor diesen Karren spannen zu lassen?

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Die Nachricht hat noch keinen Betreff. Bitte fasse Deinen Text in ein paar Worten zusammen oder gib ihm eine treffende Überschrift.

brinkhoff, Sat, 20.11.2010, 05:03 (vor 4905 Tagen) @ Martin Vogel
bearbeitet von brinkhoff, Sat, 20.11.2010, 14:13

evtl. benutzen eben jene 244.000 bürger (wobei darauf zu achten ist, dass es sich genau genommen nicht um bürger, sondern um haushalte handelt) ja verschlüsselte emails und kein payback. und selbst wenn das, wie anzunehmen, nicht so ist, ist es tendenziell eben einfacher ein formular auszufüllen um sein haus verpixeln zu lassen, als gegen swift, elena oder die maut auf die straße zu gehen. da gehört eben schon etwas mehr dazu. dieses denken von wegen "wenn euch dies und jenes stört dann tut doch etwas dagegen" ist halt schon recht naiv. abgesehen davon, dass bei >80.000.000 einwohnern und 244.000 haushalten (auch wenn es dann vermutlich etwas mehr bürger sind) wohl kaum davon geredet werden kann, dass irgendeine presse die bevölkerung aufhetzt ;-) es ist halt nicht immer alles schwarz und weiß ;-)

Extrempessimismus

Martin Vogel ⌂ @, Dortmund / Bochum, Sat, 20.11.2010, 15:56 (vor 4905 Tagen) @ brinkhoff

Wenn das wahr wäre, sähe es finster aus mit unserem Land. Zum Glück gibt es immer wieder Menschen, die nicht nur die Antworten auf vorgedruckten Formularen für die einzig möglichen halten.

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extremrealismus

brinkhoff, Sun, 21.11.2010, 19:12 (vor 4904 Tagen) @ Martin Vogel
bearbeitet von brinkhoff, Sun, 21.11.2010, 19:18

dann gehe ich mal davon aus, dass Sie aktiv gegen politische entscheidungen, die Ihnen nicht gefallen, vorgehen. ist natürlich aller ehren wert :-)

achja, ist das eigentlich ernst gemeint, dass Sie kein haus kaufen würden, dessen nachbarhaus in google streetview verpixelt ist??? ich dachte zuerst das wäre irgendwie ironisch oder so, bin mir da aber grad nicht mehr ganz sicher.

Manchmal ist nicht alles möglich.

Baumeister Bob, Mon, 22.11.2010, 11:25 (vor 4903 Tagen) @ brinkhoff

dann gehe ich mal davon aus, dass Sie aktiv gegen politische
entscheidungen, die Ihnen nicht gefallen, vorgehen. ist natürlich aller
ehren wert :-)

Muss man den gegen politische Entscheidungen, die einem selbst nicht passen immer sofort vorgehen? Man kann sie auch, trotz eigenem Missfallen, akzeptieren. Wir leben schließlich in einer Demokratie, wo die Mehrheit entscheidet und nicht ein Einzelner. Leider ist es aber so, dass die gewählten "Volksvertreter" meistens über die Köpfe des Volkes hinweg entscheiden.

achja, ist das eigentlich ernst gemeint, dass Sie kein haus kaufen
würden, dessen nachbarhaus in google streetview verpixelt ist??? ich
dachte zuerst das wäre irgendwie ironisch oder so, bin mir da aber grad
nicht mehr ganz sicher.

Es würde mir persönlich zumindest zu denken geben, was ich für einen Freak als Nachbarn haben könnte, der sein Haus verpixeln lässt. Es würde sicherlich keine Entscheidungskriterium sein, aber es würde mich veranlassen mich etwas intesiver mit der potentiellen Nachbarschaft zu beschäftigen.

Gegenfrage: vor deinem Wohnhaus geschieht ein schwerer Unfall über den die Presse/Medien (womöglich sogar überregional) inkl. Bildmaterial berichtet. Würdest du auch sofort hinrennen und dem/den Reporter/n sagen, dass er/sie dein Haus verpixeln soll/en?!?

Wie Herr Vogel schon schrieb: eine Fassade kann man sich immer angucken und dabei ist es absolut Ralle, ob ich sie mir in Google angucke, oder ob ich mir die Mühe mache und an ihr ganz real vorbeifahre.

Mir persönlich erschließt sich bloss der Sinn dieser Aufnahmen nicht, aber wenn es ein Nachfrage nach so etwas gibt... Willkommen in der freien Marktwirtschaft.

Baumeister Bob

P.S. Ich finde es nur absolut mies von Google, dass die V...-Arena in Herne-West trotz regelkonformem Antrag nicht verpixelt wurde!!!

sag ich ja ;-)

brinkhoff, Mon, 22.11.2010, 23:39 (vor 4902 Tagen) @ Baumeister Bob

Muss man den gegen politische Entscheidungen, die einem selbst nicht
passen immer sofort vorgehen? Man kann sie auch, trotz eigenem Missfallen,
akzeptieren. Wir leben schließlich in einer Demokratie, wo die Mehrheit
entscheidet und nicht ein Einzelner. Leider ist es aber so, dass die
gewählten "Volksvertreter" meistens über die Köpfe des Volkes hinweg
entscheiden.

Du schreibst doch exakt das gleiche was ich in meinem ersten Post auch geschrieben habe ;-)
Vielleicht missfallen den Bürgern die ihre Häuser verpixelt haben ja die politischen Entscheidungen um die angesprochenen Themen wie Maut, Swift oder Elena. Aber da wir, wie Du richtig schreibst, in einer Demokratie leben, haben sie die Entscheidungen womöglich hingenommen ohne dagegen vorzugehen. Wäre ja denkbar (ist vermutlich nicht so, aber man kann ja auch nicht alle über einen Kamm scheren). Soweit ja genau das, was Du schreibst.
Ich versteh jetzt nur nicht, warum solchen Menschen nun das Recht abgesprochen wird, die ihnen gegebene Möglichkeit durch das Verpixeln ihrer Häuser gegen den ihnen womöglich ebenfalls missfallenden Dienst Google Streetview "vorzugehen". Das kann man dann doch auch einfach "trotz eigenem Missfallen akzeptieren".
Wer wie und warum da nun das Recht in Mehrfamilienhäusern oder Mietswohnungen zu hat ist natürlich ein anderes Thema.

Mir ist auch klar, dass es für Großstädte teilweise andere Dienste gibt, wo sich keiner drüber aufregt. Weil es eben nicht viele Leute wissen. So einfach ist das. Sicherlich bemerkenswert, aber kein Grund, den Leuten nun das Recht abzusprechen.

Es würde mir persönlich zumindest zu denken geben, was ich für einen
Freak als Nachbarn haben könnte, der sein Haus verpixeln lässt. Es
würde sicherlich keine Entscheidungskriterium sein, aber es würde mich
veranlassen mich etwas intesiver mit der potentiellen Nachbarschaft zu
beschäftigen.

Naja ok das mag Ansichtssache sein. Ich selber halte es jedoch für sehr kurzsichtig, jemanden aufgrund der Verpixelung seines Hauses in irgendeinem komischen Internetdienst als "Freak" oder gar "BILD-getreuen Querulanten" zu verurteilen.

Gegenfrage: vor deinem Wohnhaus geschieht ein schwerer Unfall über den
die Presse/Medien (womöglich sogar überregional) inkl. Bildmaterial
berichtet. Würdest du auch sofort hinrennen und dem/den Reporter/n sagen,
dass er/sie dein Haus verpixeln soll/en?!?

Mal vorweg: Ich hab keinerlei Anstalten gemacht das Haus meiner Mietwohnung verpixeln zu lassen. Daher würde ich mich auch nicht vor Bildmaterial in Presse oder Medien fürchten. Aber ich denke mal, das ist dann anders gelagert. Die Bilder würden sich vermutlich auf wenige Häuser beschränken und man wüsste wohl außer der Stadt noch nicht mal genauer wo es ist. Abgesehen davon, dass solche Fernsehaufnahmen dann wohl kaum so brauchbar wären wie die Aufnahmen von Google.

Wie Herr Vogel schon schrieb: eine Fassade kann man sich immer angucken
und dabei ist es absolut Ralle, ob ich sie mir in Google angucke, oder ob
ich mir die Mühe mache und an ihr ganz real vorbeifahre.

Hmmm... aber wozu denn dann die ganze Aufregung? Wenn es doch absolut Ralle ist, ob man sich ein Haus in Google oder vor Ort anschauen kann, soll man sich halt in sein Auto setzen und zur entsprechenden Hausfassade die einen interessiert und die in Google verpixelt ist hinfahren. Es wird niemand daran gehindert werden :-)

Mir persönlich erschließt sich bloss der Sinn dieser Aufnahmen nicht,
aber wenn es ein Nachfrage nach so etwas gibt... Willkommen in der freien
Marktwirtschaft.

Einen wirklichen Sinn, außer vielleicht "ist doch mal interessant" sehe ich auch nicht... Höchstens vielleicht noch sich die zukünftige Wohngegend anzusehen und willkürliche Statistiken darüber zu erheben wieviele Freaks und BILD-getreue Querulanten in der Nachbarschaft wohnen :-P

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