Presseerklärung der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau zum Eishalleneinsturz in Bad Reichenhall (Allgemeines)

Martin Vogel ⌂ @, Dortmund / Bochum, Fri, 21.07.2006, 09:57 (vor 6460 Tagen) @ stuerm

In einer Presseerklärung geht die Bayerische Ingenieurekammer-Bau detailliert auf die vielfältigen Ursachen des Unglücks ein.

Das Unglück in Bad Reichenhall wurde danach durch eine Verkettung mehrerer Einflüsse verursacht:

* Bei der Dachkonstruktion wurde mit den Kastenträgern von der zugelassenen Bauweise abgewichen; die gewählte Konstruktion hat den damaligen Erfahrungsbereich wesentlich überschritten. Eine Sondergenehmigung der Obersten Baubehörde hierfür („Zustimmung im Einzelfall“) wurde offensichtlich nicht beantragt.
* Bei den in der Dachkonstruktion verwendeten Holzleimbindern wurde ein feuchtigkeitsempfindlicher Leim verwendet.
* Ungünstige bauphysikalische Randbedingungen (Kondenswasserbildung trotz ausreichender Belüftung; dies stellt einen Sonderfall bei Eissporthallen dar, was 1971 noch nicht bekannt war).
* Der Leim wurde in sehr breiten Fugen verwendet (Blockverleimung; der verwendete Leim war dafür auch damals nicht zulässig).
* Die Qualität der Verleimung war zum Teil mangelhaft.
* Bei der statischen Berechnung wurden Fehler gemacht, die das angestrebte Sicherheitsniveau deutlich reduzierten (angestrebter Sicherheitsbeiwert 2,0 - erreichter Sicherheitsbeiwert 1,5).
* Die Konstruktion war ein Sondervorschlag der ausführenden Firma. Die dazu gehörige Statische Berechnung wurde nicht von einem Prüfingenieur geprüft (das 4-Augen-Prinzip wurde nicht angewandt).
* Hohe Schneelast im Winter 2005/2006 (die nicht höher war als die in der statischen Berechnung berücksichtigte Schneelast).

Die Bauingenieure fordern deshalb regelmäßige Überprüfungen der Bauwerke. Der Umfang und die Häufigkeit dieser Überprüfungen müssen für bestimmte Bauwerksgruppen individuell festgelegt werden. Die Überprüfung muss ein besonders qualifizierter Ingenieur vornehmen. Eine entsprechende Vorschrift bzw. Empfehlung wird derzeit von den Bauaufsichtsbehörden in Zusammenarbeit mit den maßgebenden Kammern und Ingenieurverbänden erarbeitet; hierin wird auch die erforderliche Qualifikation der zu beauftragenden Ingenieure festgelegt.

Kompletter Text: http://www.bayika.de/de/presse/infos2006/2006-07-20-lang.php

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Dipl.-Ing. Martin Vogel
Leiter des Bauforums

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