Benutzerdefinierte PDF-Seitengrößen mit BricsCAD trotz Microsoft Windows (Software)

Martin Vogel ⌂ @, Dortmund / Bochum, Fri, 10.06.2016, 13:46 (vor 2848 Tagen)

Als Linux-Anwender wundere ich mich oft, wie umständlich und frickelig scheinbar simple Probleme in Microsoft Windows gelöst werden wollen.

Beispiel: Das Drucken einer Zeichnung in eine PDF-Datei, die größer als DIN A3 ist.

Für ein Poster benötigte ich ein randloses Blattformat mit den Abmessungen 90×90 cm². Also habe ich mir dieses Blattformat mal eben erstellt. Im Seiteneinrichtungsdialog von BricsCAD sah das so aus:

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Leider fehlt in der Windows-Variante des Programms im Seiteneinrichtungsdialog der Button „Benutzerdefinierte Formate verwalten“. Es ist zwar auch in Windows möglich, eigene Blattformate zu definieren, der Vorgang ist aber deutlich komplizierter.

Fragen wir doch mal Microsoft, wie das geht. Wir erhalten folgende Antwort, die klingt, als hätte der Autor zuviel Lack gesoffen (https://support.microsoft.com/de-de/kb/826357):

„Wenn Sie den aktuellen Druckertreiber, die speziell für Ihr Gerät verwenden, zeigt Publisher alle Papiergrößen, die für das Gerät geeignet sind. Jedoch können Wenn Sie verwenden einen anderen Druckertreiber (z. B. die Generic Color PS for Commercial Printing Treiber, die in Publisher enthalten ist) und dieser Treiber nicht die gewünschte Papiergröße haben Sie ein benutzerdefiniertes Papierformat Treiberliste Drucker verfügbaren Papiergrößen hinzufügen. Um ein benutzerdefiniertes Papierformat hinzuzufügen, gehen Sie folgendermaßen vor: 1. Beenden Sie Publisher. 2. Klicken Sie auf Start und dann auf Drucker und Faxgeräte. 3. Wählen Sie das Symbol für den Drucker, den Sie verwenden möchten. 4. Klicken Sie im Menü Datei auf Servereigenschaften. 5. Aktivieren Sie das Kontrollkästchen Neues Formular erstellen. 6. Geben Sie im Feld Name den Namen, den Sie verwenden möchten. Haben Sie ein Papierformat Letter Extra haben, geben Sie Letter_Extra ein. Dieser Name muss keinen Namen, der bereits in der Liste der Papierformate vorhanden ist. Geben Sie unter Papierformat in den Textfeldern Höhe und Breite die Höhe und Breite. Klicken Sie auf Formular speichern, und klicken Sie dann auf Schließen. Beim Einrichten einer Publikation auf dem betreffenden Gerät Seitenformat oder Dialogfelder Drucken Drucken wird das neue Papierformat in der Liste angezeigt.“

Alles klar? Oder müssen Sie erst noch mal durchatmen?

Wie geht es jetzt wirklich? Das hirnlose (weil in typischer Microsoftqualität maschinenübersetzte) Gefasel oben ist nämlich nicht nur nahezu unlesbar, sondern für Windows 10 auch noch sachlich falsch, weil mal wieder Menüs umbenannt und Oberflächen umgestaltet wurden.

Im Seiteneinrichtungsdialog unseres Anwendungsprogramms kommen wir jedenfalls unter Microsoft Windows nicht weiter. Hier gibt es schlicht keine Möglichkeit, Blattgrößen oder die Breite der nicht bedruckbaren Randbereiche über die Vorgabeliste hinaus zu beeinflussen. Und bei DIN A3 ist beim Druckertreiber „Microsoft Print to PDF“ nun einmal Schluss. BricsCAD erlaubt es zwar, keinen Drucker auszuwählen, dann stehen Formate bis A0 zur Verfügung, jedoch hat dieser „Nichtdrucker“ in BricsCAD V16 trotzdem unbedruckbare breite Seitenränder (dafür kann Microsoft diesmal nichts). Bei mir habe ich links und rechts rund 20 Millimeter gemessen. Exportiert man so ein Layout in eine PDF-Datei, fehlen links und rechts alle Zeichnungsobjekte auf den äußeren zwei Zentimetern.

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Eigene Blattformate mit Windows 10

Aus Gründen, die ich auch bei größter Gutmütigkeit nicht nachvollziehen kann, erlaubt Microsoft bei seinem Windows-10-PDF-Druckertreiber keine(!) benutzerdefinierten Papiergrößen. Das liegt ganz bestimmt überhaupt nicht daran, dass Microsoft mal mit aller Gewalt ein Konkurrenzformat zu PDF auf den Markt pressen wollte. Microsoft nannte dieses Format „XPS“ (extended markup language paper specification). Glücklicherweise ist dieses überflüssige proprietäre Dateiformat bisher so gut wie überhaupt nicht von den Anwendern angenommen worden. Aber jetzt raten wir mal, welcher Druckertreiber in Windows 10 wohl überhaupt keine künstlich auferlegten Beschränkungen aufweist? Na? Richtig, der „Microsoft XPS Document Writer“. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Wer nur Blätter bis A2-Größe layouten will, kann jetzt aufhören zu lesen, den XPS-Druckertreiber zum Einrichten der Seite auswählen und das Layout als PDF exportieren. Wer größere PDF-Dateien mit BricsCAD exportieren will, sollte noch folgende Schritte unternehmen:

1. Drücken Sie die Windowstaste, tippen Sie „geräte und drucker“ und drücken Sie die Eingabetaste. Sie sollten jetzt in der Unterkategorie „Geräte und Drucker“ der Abteilung „Hardware und Sound“ der „Systemsteuerung“ von Windows 10 sein.

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2. Klicken Sie irgendeinen Drucker an und wählen Sie in der Menüleiste den Menüpunkt „Druckerservereigenschaften“ aus. Denken Sie an dieser Stelle nicht weiter darüber nach, dass Sie gar keinen Druckerserver besitzen. Es öffnet sich das Paneel „Eigenschaften von Druckerserver“. Verbeißen Sie den Schmerz, den die Misshandlung ihrer Muttersprache dabei auslöst und versuchen Sie, sich nicht darüber zu wundern, dass die Liste der verfügbaren Seitenformate mit „Formulare“ überschrieben ist. In dieser gibt es zwar kein A0-Format, aber dafür so eminent wichtige Größen wie “Japanische Doppelpostkarte” oder „German Legal Endlospapier“ (für Microsoft anscheinend eine total normale Formulargröße). Leider können wir den ganzen Müll in der Liste nicht löschen.

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3. Wir können aber nach Anklicken des heraldisch gekennzeichneten Freischaltbuttons „Formulareinstellungen ändern“ ein neues Blattformat definieren. Für unser Poster wollen wir ein neues Format namens „90x90“ definieren, das 900 mm breit und 900 mm hoch ist. Die Blattgrößen dürfen jedoch nicht in Millimetern, sondern ausschließlich in der Einheit „cm“ eingegeben werden und zwischen der Zahl und der Einheit muss zwingend ein Leerzeichen stehen. Beachtet man das nicht, wird man mit einer gewohnt unsinnigen Microsoft-Fehlermeldung bestraft.

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Bei der Gelegenheit können wir auch gleich noch die Blattgrößen A1 (84,1 cm × 59,4 cm) und A0 (118,9 cm × 84,1 cm) definieren.

4. Fertig. Nach dem BricsCAD-Neustart stehen die Blattformate im „Microsoft XPS Document Writer“ zur Verfügung. Diesen verwenden wir aber nicht zum Drucken (was will man schon mit XPS-Dateien?), sondern wir exportieren unser Layout über das Dateimenü in eine PDF-Datei.

Alternativen

Ich habe volles Verständnis für jeden Windows-Anwender, der sich dieses Gekrampfe nicht antun will und stattdessen einen PDF-Druckertreiber eines Drittanbieters installiert. Ziemlich populär ist der PDF-Druckertreiber „PDF 24 Creator“, der mir aber bisher vor allem durch nervende Statusmeldungen und häufige Updatewünsche aufgefallen ist. Weniger störend sind die Programme „Bullzip“, „7-PDF“ und „doPDF“. Man sollte nur beachten, dass kostenlose Software für Windows in der Regel irgendeinen Haken hat. Entweder wird bei dem Aufruf Werbung eingeblendet oder das Installationsprogramm schaufelt neben der gewünschten Software gleich noch ein paar Browsertoolbars und andere PUP auf die Platte.

Mac OS X

Unter Mac OS X [s]gehört ein PDF-Druckertreiber ebenfalls nicht zum Lieferumfang.[/s] lassen sich seit 2009 (Mac OS X 10.5, Snow Leopard) aus jeder Anwendung heraus direkt im Druckdialog PDF-Dateien erstellen. Wer möchte, kann zusätzlich mit wenig Aufwand den von Linux bekannten CUPS-PDF-Treiber installieren.[image]

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Dipl.-Ing. Martin Vogel
Leiter des Bauforums

Bücher:
CAD mit BricsCAD
Bauinformatik mit Python


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